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ieso leide ich unter einem Burnout? Wie kann ich vermeiden, ein Burnout auszubilden? Dies sind sicherlich zwei Fragen, die betroffenen Menschen im Kopf herumschwirren. Leider gibt es darauf keine einfache Universalantwort. Burnout ist keine Krankheit, die durch klar definierte Faktoren entsteht. Vielmehr ist es ein chronischer Erschöpfungszustand, den zahlreiche Faktoren begünstigen können. Unterschiedliche Faktoren gehen ein destruktives Zusammenspiel ein, ohne dass sich der Betroffene darüber bewusst ist. Erst wenn sich die ersten Burnout-Symptome zeigen, wird wahrgenommen, dass etwas nicht stimmt. Wer jedoch die Burnout-Risikofaktoren und sich selbst kennt, kann bewusst dem Burnout Syndrom vorbeugen.

Risikofaktoren für ein Burnout: die Bedrohung von außen

An dieser Stelle finden Sie einige Risikofaktoren, die ein Burnout begünstigen können. Die zwei Listen erheben nicht den Anspruch der Vollständigkeit. Sie zeigen beispielhaft auf, welche Faktoren von außen und innen einen Erschöpfungszustand provozieren können.

Äußere Risikofaktoren für ein Burnout

  1. Ungewissheit durch fehlende Zielvorgaben: Erfolgserlebnisse sind wichtig für das Leben. Viele Menschen fühlen sich erst gut, wenn sie wissen, was sie geleistet haben. Ob Mutter/Vater in Elternzeit oder Angestellter in Vollzeit: Oft ist es schwer, die Teilerfolge zu erkennen. Dann kann sich eine gefährliche Frustration entwickeln, die in ein Ausbrennen mündet.
  2. Mieses Betriebs- oder Familienklima: Ist die Atmosphäre, in der wir uns tagtäglich aufhalten unangenehm, stresst dies Geist sowie Körper. Wer jeden Tag als einen Kampf gegen Kollegen, den Partner oder die nörgelnden Kinder ansieht, kann nicht zufrieden sein.
  3. Zeitmangel: In der modernen Arbeitswelt ist Zeitdruck einer der größten Stressoren. Die Kunden warten, der Chef wartet, die Kollegen warten. Die Kinder möchten Ihre Aufmerksamkeit und der Partner ebenso. 
  4. Multitasking: Unterbrechungen sind heutzutage an der Tagesordnung. Anstelle seinen Plan ruhig abarbeiten zu können, wird verlangt, vieles gleichzeitig zu absolvieren. Eine Überforderung kann sich herausbilden, die stresst. Multitasking mag toll aussehen ist aber ungesund für die Psyche.
  5. Alles unter einen Hut: Unterschiedliche Personen stellen ganz unterschiedliche Erwartungen an unser Leben. Viele Menschen möchten diese gerne erfüllen. Zwar ist ihnen bewusst, dass sie nie alle unter einen Hut bekommen, versuchen es aber trotzdem irgendwie hinzukriegen. Eine Überlastung ist das Resultat.
  6. Sozialkontakte: Es ist schön, mit Menschen zu interagieren. Sind darunter allerdings Personen, die Ihnen das Leben schwer machen, die Sie runterziehen, dann belastet das einen ungemein. Ein Gefühl von „das ist mir jetzt alles zuviel“ schleicht sich an. Wer sich starken negativen Einflüssen ausgesetzt sieht und unter solchen Kommunikationen und sozialen Anforderungen leidet, fühlt sich rasch erschöpft.
  7. Wenig Freiheit: Handlungsspielräume und Entfaltungsmöglichkeiten sind wichtig. Sie ermöglichen ein Vorankommen und sorgen dafür, dass wir zufrieden sind. Engt das Leben uns zu stark ein, entsteht Frustration.
  8. Schichtarbeit: Der Organismus wird durch zu wenig Schlaf dauerhaft beeinträchtigt. Schichtarbeiter und Eltern mit kleinen Kindern kennen dies gut. Der Schlafmangel und die dadurch entstehenden veränderten Tagesabläufe können ein Burnout begünstigen.

Innere Risikofaktoren für ein Burnout

  1. Übereifer und Perfektionismus: Burnout-Betroffene sind oft engagierte Personen mit hohen Zielen. Sie möchten alles perfekt machen, wodurch sie in eine gefährliche Situation geraten: Nie sind sie mit sich selbst zufrieden. Es geht immer noch ein bisschen mehr. Ihr eigener Übereifer resultiert letztlich in einem Burnout, wenn sie nicht mehr wissen, wann sie die Bremse ziehen müssen.
  2. Keine Distanz: Wer keine Distanz zwischen sich und der Arbeit bzw. den anderen lässt, kann sich innerlich leicht aufreiben. Gerade Personen bei der Polizei oder mit sozialen Berufen nehmen oft ihre Arbeit mit nach Hause. Eine gesunde Distanz ist allerdings unerlässlich, um abschalten zu können.
  3. Zu viel und das zu schnell: „Mein Kind soll allumfassend gefördert werden, weswegen es schon früh Unterricht in Englisch, Chinesisch, Klavier und Tennis erhält.“ „Mit 30 muss mein Jahresgehalt im sechsstelligen Bereich sein“. Werden Sätze wie diese verinnerlicht, kann dies zu starkem Stress führen. Frustration stellt sich ein, wenn die Ziele nicht erreicht werden.
  4. Familiärer Leistungsdruck: In einigen Familie herrscht ein großer Leistungsdruck. Die Kindern lernen: Liebe und Aufmerksamkeit gibt es nur, wenn ich etwas leiste. Diesen Grundgedanken behalten sie auch als Erwachsene, weswegen sie stets unter Leistungsdruck stehen.
  5. Schlechte Stress-Strategien: Es ist wichtig, mit Stress richtig umzugehen. Manchmal lässt er sich nicht vermeiden, aber der Umgang mit ihm ist entscheidend. Zudem können Stressbewältigungsmechanismen dabei helfen, Stress zu vermeiden.
  6. Ängstlichkeit/Schüchternheit: Sensible und schüchterne Menschen fühlen sich in Konfliktsituationen dem “Gegner” rascher ausgeliefert. Sie ziehen sich in ihr Schneckenhaus zurück, denn sie haben nicht gelernt, wie sie erfolgreich ihren Mann/Frau stehen können. Das kann ein Burnout-Syndrom begünstigen.

Ein tieferer Blick auf die Risikofaktoren für ein Burnout

All die genannten Faktoren und viele Faktoren mehr können ein Burnout begünstigen. In der Regel treffen verschiedene Risikofaktoren aufeinander, sodass sich ein gefährlicher Mix entwickelt. Exakt an dieser Stelle ist es wichtig, einen tieferen Blick auf die inneren Risikofaktoren zu werfen. Warum? Wir selbst können andere Menschen und damit bestimmte Situation nur bedingt ändern. Manchmal ist es gar nicht möglich, sie zu verändern. Jedoch bleibt eines immer möglich: sich selbst zu ändern. Um einem Burnout vorzubeugen oder dieses zu heilen, ist eine Auseinandersetzung mit uns selbst unerlässlich. Dies mag schmerzhaft sein, aber nur so findet sich eine nachhaltige Lösung. Ein Beispiel hilft zu einem besseren Verständnis.

Burnout Risikofaktoren: ein Beispiel aus der Praxis

Max ist 30 Jahre alt. Er hat sich auf Steuerrecht spezialisiert und denkt daran die Prüfung zum Wirtschaftsprüfer abzulegen. Direkt nach dem Studium hat er in einer mittelgroßen Kanzlei für Steuerberatung angefangen, in der ein gutes Betriebsklima herrscht. Die anderen Kollegen sind freundlich und auch mit den Mandanten kommt er gut klar. Max Chef, Herr Herbst, ist bereits 68 Jahre alt, aber noch rüstig. Er kümmert sich mit Hingabe um die wichtigsten und ältesten Mandanten. Auch das Wohl seiner Mitarbeiter liegt ihm am Herzen, was er durch Freundlichkeit und Boni ausdrückt. Wenn Max morgens ins Büro kommt, ist Herr Herbst schon da und wenn Max geht, ist Herr Herbst immer noch am Arbeiten. Max ist beeindruckt. Er achtet seinen Chef sehr und schaut zu ihm auf. Dies spornt den jungen Steuerberater dazu an, selbst viel zu arbeiten.

Er möchte unbedingt, dass Herr Herbst mit seinen Leistungen zufrieden ist.

Aus diesem Grund macht Max Überstunden und liest in seiner Freizeit zahlreiche Gerichtsurteile zum Thema Steuerrecht, um eine optimale Beratung sicherzustellen. Für seine Mandanten ist er auch am Wochenende da, wenn ihnen eine Frage auf dem Herzen brennt. Herr Herbst lobt Max für seinen Einsatz und erwähnt sogar, dass aus ihm mal ein „ganz Großer“ werden könnte. Eines bemerkt Herr Herbst allerdings nicht: Max steuert geradewegs auf eine Überforderung zu. Die Belastung wird so groß, dass er schon bald die ersten Burnout-Symptome zeigt.

Erklärung zum Beispiel: Wie konnte das passieren?

Max hat eigentlich alles: einen guten Job, einen lobenden Chef und nette Kollegen sowie Mandaten. Die äußeren Risikofaktoren sind objektiv betrachtet gar nicht da. Max macht sich diese selbst.

Unbewusst erinnert ihn Herr Herbst an seinen Vater, dem er nie etwas recht machen konnte.

Die beiden älteren Herren haben eigentlich nur das Alter und ein paar oberflächige Angewohnheiten gemein. Unbewusst setzt sie Max dennoch gleich und das hat verheerende Folge. Er glaubt, sein Chef setze überzogene Erwartungen an ihn – wie sein Vater. Er möchte diese unter keinen Umständen enttäuschen, weswegen er einen immensen Leistungsdruck für sich selbst aufbaut. Zudem fühlt sich Max von Herrn Herbst eingeschüchtert, obgleich es dafür ebenfalls keinen objektiven Grund gibt. Max fühlte sich allerdings von seinem Vater stets eingeschüchtert und überträgt dieses Gefühl auf Herrn Herbst. Würde Max sich dieses Prinzip bewusst machen, könnte er Herrn Herbst objektiver sehen und könnte so die Risikofaktoren für sein Burnout eliminieren.

Fazit: Risikofaktoren im Wechselspiel

Ein Burnout entwickelt sich durch eine Wechselwirkung zwischen unterschiedlichen Risikofaktoren. Der äußere Druck ist da, mit dem der Burnout-Betroffene nicht umgehen kann. Er sucht die Fehler bei sich und ist daher bestrebt, das Beste aus sich herauszuholen. Das verstärkt die Erschöpfung. Die Erschöpfung führt zu Fehlern und die Fehler zu Selbstvorwürfen. Die falsche Fokussierung auf sich selbst lässt einen Teufelskreis entstehen. Sie vernebelt die Sicht auf die eigentlichen Ursachen. Doch nur die Bekämpfung der eigentlichen Ursachen kann Erleichterung bringen.

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Photo by Jorik Kleen on Unsplash

Publiziert am
Jan 23, 2020
 in Kategorie:
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