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ber psychische Erkrankungen reden Menschen im Job nicht gern. Ob Depressionen, Angstzustände oder Burnout: Sie werden oft als Schwäche angesehen. Wer darunter leidet, ist nicht stark genug für die Arbeit und das Leben an sich. Dieses Gedankengut hält sich hartnäckig in den Köpfen von Angestellten und Chefs - jedoch nicht bei allen. Aus Angst, als Weichei darzustehen oder gar den Job zu verlieren, verschweigen viele Betroffene ihren angeschlagenen Zustand. Das ist gefährlich, denn Probleme wie diese lösen sich nicht von allein. Andere würden gern über ihr Burnout sprechen, aber sie wissen nicht, wie sie es dem Chef erklären sollen. Dieser Ratgeber gibt Gedankenanstöße, wie Burnout-Leidende mit ihrem Problem umgehen können. Zudem richtet er sich an Vorgesetzte und Chefs, die durch eine veränderte Unternehmenskultur für diese Menschen etwas tun können.

Die Ist-Situation checken: Eignet sich mein Arbeitsumfeld für ein offenes Gespräch über das Burnout?

Du leidest unter einem Burnout? Dann hast du vielleicht bereits eine Krankschreibung beim Chef wegen einer Magenentzündung oder ähnlichem eingereicht, obgleich der Grund eigentlich Depressionen und Ausgebranntsein waren. Aus Vorsicht hast du diese Maßnahme gewählt. Immerhin besagt das Arbeitsrecht, dass die Diagnose deiner Krankheit Privatsache ist. Das kannst und möchtest du Kollegen sowie Vorgesetzten jedoch nicht so sagen, deswegen wählst du die Notlüge.

Kurzfristig kann dies sogar ratsam sein. Nicht in jedem Arbeitsumfeld können Angestellte und Arbeiter frei über psychische Erkrankungen reden. Manchmal ist es besser, sich langsam heranzutasten. Langfristig solltest du mit einer Lüge nicht leben, denn sie belastet dich. Überleg dir daher, wie deine Kollegen und Vorgesetzten reagieren werden. Kannst du ihre Einstellung zu dem Thema ändern? Möchtest du in einem Arbeitsumfeld tagtäglich viel Zeit verbringen, wenn Kollegen und Vorgesetzte sich über dein Ausgebranntsein lustig machen oder dich deswegen mobben?

Extratipp: Forsche ein wenig nach, ob vielleicht andere Mitarbeiter oder ehemalige Mitarbeiter bereits ein Burnout hatten. Wenn ja, wie ist damals mit der Situation umgegangen worden?

Das Gespräch wegen Burnout mit dem Chef gut planen

Du würdest gern den Job behalten und entschließt dich zu einem offenen Gespräch mit deinem Chef. Das kann eine sehr gute Entscheidung sein. Bevor du sie in die Tat umsetzt, bereite dich gut vor. Warum? Du solltest wissen, was du sagen möchtest und was du erreichen willst. Setz dich hierfür in einem ruhigen Moment daheim hin und notiere dir, was dich am Arbeitsplatz überfordert und was Stress auslöst. Wichtig ist, dabei objektiv zu bleiben. Stell dir Fragen wie:

  • Wie fühle ich mich bei der Arbeit und weshalb fühle ich so?
  • Welche Arbeit hast du noch nicht erledigt und welche bereitet dir Probleme?
  • Was setzt dich unter Zeitdruck?
  • Hast du Schwierigkeiten mit einem Vorgesetzten oder Kollegen?
  • Denkst du, du erhältst zu wenig Unterstützung im Job?
  • Fehlt es dir bei manchen Aufgaben an Wissen oder Kompetenzen?

Jetzt weißt du, wo du stehst. Nun überlege dir im nächsten Schritt, was von dir und anderen getan werden kann, um die Probleme zu lösen. Nur zu jammern, bringt dich nicht weiter und frustriert deinen Chef. Es ist daher besser, Lösungsvorschläge parat zu haben. Sie sind nicht in Stein gemeißelt, aber es sind Ideen. Mit dem Chef klärst du dann ab, was sich davon realisieren lässt und wie dies aussehen könnte.

Nach dem Gespräch übers Burnout: Wieso reagiert der Chef nicht wie gewünscht?

Im Idealfall ist dein Chef mit dem Thema Burnout bestens vertraut. Er geht damit vorurteilsfrei um, hört dir zu und engagiert sich für die Findung von Lösungen. Leider ist dies aber nicht die Regel. In kleinen Unternehmen sind die Vorgesetzten oft selbst überarbeitet und wissen nicht, wie sie mit dem Thema umgehen sollen. Sie versuchen dann gern das Burnout hinunterzuspielen. In großen Betrieben verweist der Chef gelegentlich auf Personen im Unternehmen, die als Ansprechpartner für das Thema dienen. Das kann hilfreich sein, aber auch nur dann, wenn der Chef dein Anliegen nicht vergisst und sich an einer Lösungfindung beteiligt. Das ist laut Arbeitsrecht sogar seine Pflicht, denn er hat eine besondere Verantwortung für die Gesundheit seiner Mitarbeiter. Zum Leidwesen aller wird dies allerdings oft vernachlässigt.

Hab etwas Geduld mit deinem Vorgesetzten und weise ihn auf die Brisanz deines Gesundheitszustandes hin. Sollte er trotz mehrerer offener Gespräche nicht reagieren, hinterfrage dein Verhalten und das Firmenvorgehen und überlege, ob du nicht den Arbeitsplatz wechseln solltest.

Tipps für Chefs: das Burnout bei Mitarbeitern früh erkennen

Geht ein Angestellter oder Arbeiter wegen eines Burnouts zum Chef, geht es ihm oft bereits sehr schlecht und er ist stark überlastet. Es kann nun erforderlich sein, dass der Angestellte sich längere Zeit von seinem Job komplett zurückzieht. Das ist nicht nur aus menschlicher Perspektive traurig, sondern schädigt oft auch den Unternehmenserfolg. Was ist zu tun? Ein Burnout im Anfangsstadium lässt sich häufig beheben, wenn der Chef selbst sensibel mit dem Thema umgeht. Wenn er weiß, woran sich ein aufkommendes Burnout erkennen lässt, kann er direkt eingreifen.

Manchmal ist dem Betroffenen nicht bewusst, wie ausgebrannt er ist. Das sind drei typische Anzeichen für ein Burnout am Arbeitsplatz:

  1. Der Betroffene ist emotional erschöpft.
  2. Der Betroffene fühlt sich wie in Watte gepackt, wie fremdgesteuert. Das nennt sich Depersonalisierung.
  3. Die Leistungsfähigkeit des Betroffenen hat abgenommen.

Arbeitet und lebt der Angestellte oder Arbeiter für längere Zeit über seinen energetischen Verhältnissen, wird eine physische und geistige Erschöpfung erlangt. Solch ein Mitarbeiter schadet aus betriebswirtschaftlicher Hinsicht langfristig dem Unternehmen. Im Vordergrund sollte jedoch stets das menschliche Wohl stehen. Investiert der Chef darin, investiert er letztlich auch ins Wohl des gesamenten Unternehmens.

Als Chef früh Burnout-Quellen erkennen

Ein Burnout hat eine vielschichtige Ursache. Sie setzt sich aus äußeren Faktoren wie den Arbeitsplatzbedingungen und der spezifischen Persönlichkeit des Betroffenen zusammen. An der Persönlichkeit der Mitarbeiter kann ein Chef nur begrenzt etwas ändern. Er kann jedoch für ein arbeitsfreundliches Umfeld sorgen, was produktiv und dennoch menschlich ist. Um aktiv dafür etwas zu tun, sollten sich Vorgesetzte in regelmäßigen Abständen folgende Fragen stellen:

  • Sorgt das Arbeitsumfeld für zu viel Stress und wenn ja, wo sind die Stressquellen?
  • Welche Abläufe bewirken einen starken psychischen oder zeitlichen Druck?
  • Könnten Weiterbildungsmaßnahmen die Erfüllung der Aufgaben beseitigen?
  • Fehlt es an Personal?
  • Gibt es Fehlbesetzungen?
  • Existieren Teams oder Abteilungen, die von Lethargie und Frust geprägt sind?

Burnout im Job enttabuisieren

Eine vorbeugende Maßnahme gegen das Burnout ist, das Ausgebranntsein zu enttabuisieren. Zugleich schützt dies Mitarbeiter davor, ein schweres Burnout zu erleiden. Der betriebliche Arbeitsschutz sollte sich mit dem Thema intensiv befassen und alle Chefs sowie Mitarbeiter darüber im Detail informieren.

Durch diese Sensibilisierung besteht mehr Toleranz und die Angestellten und Arbeiter fühlen sich wohler. Bereits bei den geringsten Symptomen können sie sich an jemanden im Betrieb wenden, wodurch sich die Arbeitsleistung und das Wohlbefinden rascher wiederherstellen lassen.

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Publiziert am
Jan 29, 2021
 in Kategorie:
Arbeitsplatz

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